WAND_WAND

Zine
2021
Diese Fotostrecke stellt eine architekturfotografische, dokumentarische Feldstudie dar. Jedoch wird nicht die Architektur betrachtet, sondern die Lücken zwischen der Architektur. Die ungenutzten Zwischenräume, die sich durch historische Stadtplanereien ergeben haben. 

Schwäbisch Gmünd ist die älteste aller Stauferstädte. Und auch, wenn solch ein Titel nicht zwingend aussagekräftig bezüglich des Erhaltungszustands und der Struktur einer Altstadt sein muss, so trifft diese Annahme in Gmünd in allen Belangen zu. Große Teile der historischen Altstadt entsprechen tatsächlich dem Buzzword „historisch“. Fachwerkhäuser wechseln sich mit Barock- und Rokoko-Fassaden ab. Abseits der – einst wie heute – repräsentativen Hauptplätze reiht sich ein kleines Wohnhaus beinahe repetitiv an das nächste. Diese kleinen Häuser sind schief und krumm. Die Fassaden sind selten in Flucht gebaut – viel mehr sind sie mal nach vorne und mal nach hinten versetzt angeordnet. 

Und doch gibt es eine Konstante: Benachbarte Häuser teilen sich keine Außenwände. Zwischen Wand und Wand ergibt sich eine Lücke von einigen Dutzend Zentimetern bis knapp einem Meter Breite. Schwer zu nutzen und doch Platz einnehmend laden die Lücken zu einer Art improvisierten Para-Architektur ein. Die Lücken wollen verschlossen werden, um ungebetene Nutzer und Gäste außerhalb der Lücke zu halten. Doch keine vorgefertigte Türe passt in die schmalen Gänge. 

So bleibt nur die eigenhändige Bastelei, um die Lücken zu verschließen. Manche nachbarschaftlichen Schicksalsgemeinschaften bauen eigenhändig Türen im abgestimmten Verbund, anderswo werden Metallbauer für eine passgenaue Luxus-Variante engagiert. Mal wird die Lücke für immer und alle Zeiten versiegelt, mal werden mühevoll Mülltonnen hineingestapelt. Mal wird die Lücke ganz sich selbst überlassen, mal dient sie als einziger und viel genutzter Durchgang in den Garten. Wie auch immer mit der Gmünder Lücke umgegangen wird – was zwischen Wand und Wand passiert, ist nun hier in Bildern festgehalten.